Interview

BNPL: Status Quo und Zukunftstrends – ein Interview mit Ralf Gladis

In den letzten Jahren hat sich der Markt für „Buy Now, Pay Later“-Zahlungslösungen rasant entwickelt. Diese Zahlungsoptionen bietet Verbrauchern die Möglichkeit, Einkäufe sofort zu tätigen und später zu bezahlen. Das macht den Kaufprozess einfach, doch Händler möchten ihr Risiko mehr kontrollieren. Um zu erfahren, wie und warum sie das machen, für welche Zielgruppen BNPL-Dienste besonders interessant sind und welche Produkte sie damit am ehesten bezahlen, haben wir mit Ralf Gladis, Geschäftsführer und Mitgründer von Computop gesprochen.

Ganz grob zum Einstieg: Wie hat sich der BNPL-Markt in den letzten Jahren entwickelt?

Ralf Gladis: Bei Computop sehen wir, dass Händler ihr Risiko im Rechnungs- und Ratenkauf stärker kontrollieren. Dazu nehmen sie entweder intensivere Risikomanagement-Services bei ihrem Payment Service Provider in Anspruch oder wechseln gleich zum geschützten Rechnungskauf durch Drittanbieter, teilweise auch inklusive Factoring. International beobachten wir, dass viele Länder nun zum ersten Mal mit BNPL konfrontiert sind, weil die Voraussetzungen für eine geordnete Risikobewertung dort erst jetzt vorliegen. Dadurch eröffnen sich ganz neue Optionen für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Gerade höherpreisige Produkte werden viel und gerne per BNPL gezahlt
Gerade höherpreisige Produkte werden viel und gerne per BNPL gezahlt

Welchen finanziellen Background sollten Verbraucherinnen und Verbraucher erfüllen, um BNPL nutzen zu können?

Ralf Gladis: Wichtig ist eine gute Selbsteinschätzung hinsichtlich der finanziellen Möglichkeiten. BNPL-Anbieter prüfen zwar das Risiko für Händler, nehmen aber den Verbrauchern nicht die Entscheidung darüber ab, ob eine Anschaffung vernünftig ist oder in ihrem Finanzrahmen liegt. Der finanzielle Background sollte daher in jedem Fall zur Größenordnung der Anschaffung passen. Und zwar nicht nur in Bezug auf die anstehende Anschaffung, sondern mit Blick auf die Gesamtheit der Verbindlichkeiten.

Welche demografischen Gruppen nutzen BNPL-Dienste am ehesten? Und zieht das irgendwelche Handlungsempfehlungen nach sich?

Ralf Gladis: Viele BNPL-Anbieter zielen direkt auf junge Zielgruppen. Hier sind die Chancen am besten, Rechnungs- und Ratenkauf auch für kleinere Warenkörbe zu etablieren. Ältere Kundengruppen, die schon länger im Berufsleben stehen, nutzen Ratenkäufe nach wie vor meist klassisch, um größere Anschaffungen über einen längeren Zeitraum zu strecken.

Früher diente die Zahlungsmethode dazu, etwas zu kaufen, was man sich nicht auf einen Schlag leisten konnte. Warum nutzen Verbraucherinnen und Verbraucher heute aus Ihrer Sicht am ehesten BNPL-Dienste?

Ralf Gladis: BNPL umfasst sowohl den Rechnungskauf, also die vollständige Zahlung innerhalb einer gewissen Frist nach Warenerhalt, als auch den Ratenkauf, der die Bezahlung über mehrere Teilbeträge streckt. Rechnungskauf nutzen vor allem Kundinnen und Kunden, die die Kontrolle behalten wollen und nur bezahlen möchten, was sie nach eingehender Prüfung auch behalten. Die dabei übliche kurze Zahlungsfrist von 14 oder 30 Tagen hilft dabei schon mal über den nächsten Zahltag hinweg. Der Ratenkauf dient eher dazu, Dinge schon jetzt anzuschaffen, auf die man nicht sparen möchte. Das gilt unverändert, aber immer häufiger stehen dabei Artikel auf der Liste, die auch auf einmal bezahlt werden könnten.

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Und was denken Sie, welche Produktgruppen oder auch Dienstleistungen am ehesten per BNPL gezahlt werden?

Ralf Gladis: Wir sehen nicht so sehr die Konzentration auf bestimmte Produktgruppen, eher den Fokus auf hochpreisigere Artikel. Dienstleistungen hingegen sind generell schwierig in Form von BNPL zu zahlen, weil sie nach Erbringung schwer einzutreiben sind. Viele Dienstleistungen wie Reisen oder Events sind außerdem schon aufgrund der Bestimmungen der Anbieter von BNPL ausgenommen.

Was sind die konkreten Vorteile von BNPL-Lösungen für Händlerinnen und Händler?

Ralf Gladis: Händler können durch BNPL-Lösungen definitiv ihr Risiko verringern und somit Rechnungs- und Ratenkauf anbieten, ohne selbst von Zahlungsausfällen betroffen zu sein. Auch die Refinanzierung spielt eine große Rolle: Wenn der Umsatz, je nach Vereinbarung mit dem Anbieter, nach zwei bis drei Tagen auf dem Konto eintrifft, ermöglicht das ein viel besseres Cashmanagement als das Arbeiten mit Durchschnittswerten und der Hoffnung auf möglichst wenige Ausreißer.
Aber auch die Prozesse werden einfacher: Anbieter von BNPL-Lösungen setzen auf automatisierte Vorgänge, und mit Mahnungen oder gar Inkasso-Verfahren müssen sich Händler nicht mehr befassen. Sie verlieren allerdings bei manchen Anbietern auch die Herrschaft über die Kundenbeziehung. Um dieses Risiko zu minimieren, ist die Einbindung eines White-Label-Angebots denkbar. Lösungsanbieter mit einem guten, eingeführten Namen können hingegen als eine Art „Vertrauenssiegel“ für den Shop gelten, der Nutzer dieser Lösung leichter zu Neukunden macht. In jedem Fall erleichtern BNPL-Angebote die Entscheidung für höhere Warenkörbe und sorgen somit für eine bessere Konversion.

Welche Konditionen und Voraussetzungen sollte ein BNPL-Dienstleister unbedingt erfüllen?

Ralf Gladis: Ein faires Factoring mit mehreren Varianten für schnelle Ausschüttung wäre hier zu nennen, außerdem natürlich ein gutes Risikomanagement, das möglichst wenige Fehlablehnungen („false positives“) erzeugt. Ein übersichtliches Kundenkonto für Händler wie für Konsumenten steht für mich ebenfalls auf der Liste.

Welche Risiken und Nachteile sind mit der Nutzung von BNPL verbunden und wie agieren Dienstleister hier richtig?

Ralf Gladis: Für Verbraucher ist das Verschuldungsrisiko natürlich immanent. Dienstleister sollten mit übersichtlichen Apps und regelmäßigen, frühzeitigen Kontoinformationen für guten Überblick über die Außenstände und die Einhaltung der Zahlungsfristen sorgen.

Wir danken für das Interview.

Zur Person
Ralf Gladis
Mitgründer und Geschäftsführer des internationalen Payment Service Providers Computop – the payment people
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